Geschichte der Torfschifffahrt
Die Torfschiffahrt im Teufelsmoor
Um 1720 begann begann die Geschichte der Torfschiffe durch die staatliche Moorkolonisation im Teufelsmoor. Jürgen Christian Findorff legte im Auftrage des englisch-hannoverschen Königs Georg II. 1751 systematisch Dörfer und Gräben an. Vorherige Versuche der Kolonisation benutzten teilweise bereits die Wasserwege der Hamme, Wörpe und Wümme. Angelegte Wege waren kaum mit Fuhrwerken befahrbar oder nur als „gesandete“ Wege angelegt. Besonders Findorff förderte den Ausbau von Entwässerungskanälen, teilweise auch als Grenzlinien zu den einzelnen Grundstücken und führte sie in schiffbaren Kanälen zusammen. Ebenso verpflichtete er die Moorbauern, die Kanäle zu pflegen und zu unterhalten. Die Bauern, aber auch einige kleine Werften, bauten Torfkähne und nutzten die Kanäle als Verkehrsnetz. Offenbar trafen sich die Interessen in idealer Weise. Die Kanäle dienten zunächst der Entwässerung des Moores und gleichzeitig entstanden dadurch Wasserwege, die für Torfschiffe nutzbar waren. Torf wurde bereits lange zuvor als Brennmaterial verwendet. Jetzt aber war es möglich, mit diesem Wirtschaftsgut Bremen mit Heizmaterial zu versorgen. Diese Entwicklung führte zu verschiedenen Schifftypen und Größen, die jedoch alle einem technischen Prinzip folgten um die flachen Gewässer befahren zu können.
Größen der Torfschiffe
Die Torfkähne aus dem Teufelsmoor werden nach „Hunt“ unterschieden. Am häufigsten sind die 1/2-Hunt-Kähne, die etwa 9,5 Meter lang (ohne Ruderblatt) und 1,8 Meter breit sind. Daneben gibt es noch den 1/4 Hunt und den Hunt. Ein Hunt war das Bremer Torfmaß und entsprach 100 Körben, das waren etwa 12 Kubikmeter. Charakteristisch für den Torfkahn ist das braun gefärbte Luggersegel, das etwa 10m2 groß ist und am 6 Meter hohen Mast angebracht ist. Es fuhren auch größere Kähne (bis 400 t Last) auf den breiteren Gewässern, insbesondere auf der Hamme bis Melchers Hütte. Dazu zählten die sogenannten Eichenfahrer (Bremer Schiffe mit geeichter Ladekapazität, insbesondere Schiffe aus Eiche), Kurze Zeit gab es auch holländische Schuten. Die Holländer sollten das Monopol der Bremer Eichenfahrer unterlaufen. Eine dieser Schuten und auch ein typischer Torfkahn befinden sich im Museum für Torfschifffahrt und Torfabbau in der Museumsanlage in Osterholz-Scharmbeck.
Nutzen der Torfschiffahrt
Der wichtigste Erwerb für die Bauern war der Verkauf von Brenntorf, der bis ins 20. Jahrhundert wichtiges Heizmaterial war. Im nahegelegenen Bremen fanden sich reichlich Abnehmer. So wurde der Brennorf auf den Kanälen bis in die verschiedenen Torfhäfen wie Walle, Gröpelingen, Vegesack und dem in Bremen-Findorff gbracht (früher bis 1,8 Kilometer, heute 300 Meter Kailänge). In den ersten Jahren wurde der Transport von den Sammelstellen (z.B. besagter Stelle bei Melchers Hütte) durch die größeren Schiffe der Eichenfahrer durchgeführt. Als der Gewinn für die Moorbauern durch die Zwischenhändler und deren Handelspraxis immer geringer wurde, lohnte auch der direkte Transport in die Stadt. Bremen war von der Kreuzkuhle mit dem Torfkahn in zirka drei bis vier Tagen durch die damals unbegradigte Hamme erreichbar.
Bei ungünstigen Winden aus Westen wurde der beladene Kahn nach Bremen meistens getreidelt, gestakt oder gewriggt (eine achtförmige Bewegung mit einem langen „Stechpaddel“), meist erst auf der Rücktour konnte bei Westwind das braune Segel eingesetzt werden. Seitenschwerter verhinderten die Drift und ermöglichten eine kursgenaue Fahrt. Die Kurven konnten meist ebenfalls mit dieser Segelart befahren werden.
Anzahl der Torfschiffe und Torfkähne
Die genaue Zahl von Kähnen zur Blütezeit der Torfschifffahrt ist in der einschlägigen Literatur nur ungefähr abzuschätzen. Es wird von 1700 Torfkähnen im Bereich des Teufelsmoores berichtet. Einige Quellen berichten von 35.000 Schiffsbewegungen pro Jahr. Augenzeugen berichten aber noch aus der Nachkriegszeit von vollen Torfkahnhäfen, von denen die meisten nicht mehr existieren. Auch viele Kanäle wurden mit den Modernisierungen der 1960er und 1970er Jahre zugunsten von Straßen zugeschüttet oder zumindest erheblich im Querschnitt verkleinert, so dass nur noch Wasserabzugsgräben übrig blieben. Die heute noch befahrbaren Strecken sind nur noch ein kleines Abbild der alten Verbindungen.
(Media: Text Findorffs Erben, Card und Beitragsbild mixed by TiPPS - historische Aufnahme, Maren Arndt Foto, Gemälde Heimatverein Iselersheim.
TiPP
Ausführliche Informationen über die Geschichte der Torfkähne finden Sie im Torfschiffhafen Kreuzkuhle, in der Museumsanlage Osterholz-Scharmbeck und natürlich hier, beim Verein Findorffs Erben. Ein ganz neuer Blick auf die Landschaft der Torfschiffer erschließt sich bei einer Torfkahnfahrt. Ein historisch korrekter Nachbau steht für Ausflugsfahrten bereit. Info hier: Torfkahnfahrt nach Fahrplan.
E-Mail: richard.henning@ewe.net