Klappstau
Ein Klappstau wurde in kleine Gewässer eingebaut um Wasser zurückzuhalten und Torfschiffen dennoch die Durchfahrt in beide Richtungen ohne Anzuhalten zu ermöglichen. Dazu wurden beide Seiten des Grabens mit Holzbohlen befestigt. In der Mitte gab eine bewegliche Sperre für das Wasser, die sich horizontal durch den Wasserdruck aufrichtete und von halbrunden seitlichen Begrenzungen gehalten wurde.
Die Sperre war wie ein Rollo sehr beweglich, aus Holzlatten gefertigt, die mit Lederriemen verbunden waren. Die hohe Bugausformung der Torfkähne fuhr nun auf die bewegliche Sperre auf, drückte sie nach unten und überfuhr das Hindernis. Grabenabwärts war es leicht mit der Strömung, umgekehrt war viel Kraft erforderlich, abhängig vom Höhenunterschied der Wasserstände. Torfkahnfahrten waren jetzt sicher möglich.
Eine intelligente Erfindung für die Fahrt der Torfschiffe war dieser Klappstau. Einerseits wurde das Moor entwässert um es nutzen zu können. Andererseits brauchten die Torfkähne ausreichend Wasserstand für die Fahrt. Wo aber entwässert wird gibt es ein Gefälle für den Wasserfluss. Diesen Umstand zu regulieren und dennoch den Torfkähnen die Fahrt zu ermöglichen, war die Herausforderung. Mit dem Nachbau alter Torfkähne wurde die Geschichte der Epoche des Torfabbaus wieder lebendig. Mehr und mehr fast vergessene Details finden in die Gegenwart zurück. Einen im Original nachgebauten Klappstau können Sie besichtigen im Freilichtmuseum "Jan von Moor".In diesem Zusammenhang wird erwähnt, dass die Bezeichnung "Jan von Moor" für einen Torfkahn generell stand und auch als Synonym für den Torfstecher und Moorbauern.
Die teuren Lösungen mit Schleusen passten nicht in kleine Gräben von vielleicht 2 m Breite und 60 cm Wassertiefe. Anfangs wurden stattdessen Wassersperren aus Holzbohlen (Schütte) eingesetzt. Die Bretter mussten zur Überfahrt abgebaut und danach gegen den Wasserdruck wieder eingesetzt werden. Das war schwere Arbeit und verbunden mit einem hohen Wasserverlust im oberen Teil des Grabens. Mit zunehmendem Verkehr war dieser Aufwand nicht mehr tragbar.
Die Aufgabe war also Folgende: Ein schmaler Graben musste das Wasser halten gegen ein geringes Gefälle. Eine Staustufe war erforderlich und dennoch sollten die Torfkähne in BEIDE Richtungen dieses Stauwerk überfahren können. Was zunächst unlogisch klingt, ist am Ende genial einfach. Aber wie so oft, man muss darauf kommen! Einfache Lösungen werden oft nur gefunden über viele Möglichkeiten, die durchdacht werden. Sind alle Fakten auf dem Tisch, wird wieder aufgeräumt und erst wenn nichts mehr weggenommen werden kann, ist die Lösung oft perfekt.
Ob der Moorkommissar Claus Witte, der 1825 den Klappstau erfand, so vorgegangen ist wissen wir nicht. Jedenfalls hat seine Erfindung den Moorbauern einen enormen Vorteil gebracht. Das Wirtschaftsgut „Torf“ wurde immer wertvoller und die Torfschiffswerft baute mehr und mehr Schiffe. Dank der Klappstaue erreichten diese Bremen deutlich schneller.
Nehmen wir eine allgemein gültige Tatsache vorweg: Auch im Teufelsmoor geschah, was mit einer Entwicklung oft geschieht: Auf dem Höhepunkt des Torfabbaus und des Transportes änderte sich die Situation plötzlich grundlegend. Anstatt Kanäle für Torfschiffe wurden zuerst mehr Wege und dann Straßen gebaut. Die Transportmittel über Land wurden besser und schneller. Eine zweite Entwicklung brachte dann das Ende der flächendeckenden Torfgewinnung: Die Eisenbahn brachte Kohle nach Bremen.
Gut hundert Jahre nach Erfindung der Klappstaue wurden diese nicht mehr unterhalten und vermoderten in den Gräben, die ebenfalls nicht mehr befahren wurden. Auch ganze Torfkähne wurden aufgegeben und blieben in der Landschaft zurück. Ein originales Exemplar ist in der Museumsanlage Osterholz-Scharmbeck zu bewundern. Mit dem Klappstau jedenfalls wurden die Wasserwege im Moor erst vollständig erschlossen. Modell und Erklärung zu dieser Seite von Heinz Kommerau Torfkahfahrten.
TiPP
Sie können eine Torfkahnfahrt buchen und auf dieser kleinen Reise auf der Hamme alles über die Technik der Torfschiffe erfahren.
Modell vom Klappstau
Diese Konstruktion wurde in den Graben eingebaut. Links wäre der höhere Wasserstand. Der Torfkahn fährt gegen den Stau (egal aus welcher Richtung) und schiebt sich mit dem nach oben abgerundeten Bug auf die bewegliche Stauklappe. Diese senkt sich flexibel ab, lässt den Torfkahn passieren und danach wird die Klappe vom Wasserdruck wieder aufgerichtet und an den bogenförmigen Seitenteilen fixiert. Der Wasserverlust im oberen Teil des Grabens war gering.
Torfkahnfahrer-Legende Heinz Kommerau erklärt den Klappstau im TiPPS-Redaktionshaus mit einem Modell vom Torfkahn. Verlagshündin "Grace" hat das nicht interessiert!
Diese kleine Skizze reduziert das Problem auf das Wesentliche. Der Stau kann in beiden Richtungen befahren werden. Die Funktion muss man sich so vorstellen, dass der Torfkahn nun das bewegliche, flexible Schott nach unten drückt. Der nachfolgende Wasserschwall schiebt das Schiff über die Staustufe. Umgekehrt ist es ähnlich, es muß jedoch gegen den Wasserdruck gefahren werden. Dazu wurden die Schiffe von mehreren Personen gezogen.
Das Modell zeigt anschaulich, wie die Überfahrt durch den Klappstau gelingt. Dieses Schiff kommt von der Seite mit dem niedrigen Wasserstand und fährt auf den Stau zu. Der Torfkahn will also "bergauf" fahren. Wird das Schiff nun gegen den Stau gedrückt, senkt sich die bewegliche Konstruktion in der Mitte. Da nun von "bergauf" das Wasser gegen das Schiff fließt ist in dieser Situation viel Kraft erforderlich, um das Boot gegen die Strömung zu schieben. Ist die Überfahrt erst einmal gelungen, richtet sich der Stau vom Wasserdruck automatisch auf, die Strömung "bergab" hört schlagartig auf und das Schiff kann leicht weiterfahren.
Von der anderen Seite funktioniert es ähnlich. Der absichtlich hochgestellte Bug schiebt sich auf die bewegliche Konstruktion, drückt den Stau herunter und überfährt mit der nun einsetzenden Strömung "bergab" sehr leicht diese intelligente Schleuse.
Bevor es Klappstaue gab, wurden Wassersperren mit Holzbalken gebaut. Das war eine mühselige Angelegenheit. Der Wasserverlust durch den Abbau der Sperre und die Durchfahrt war in den oberen Kanälen groß. Die ersten Torfkähne hatten noch nicht den stark hochgestellten Bug. Diese Konstruktion wurde erst gebaut, als die Klappstaue aufkamen. Denn nur so funktioniert die automatische Überfahrt.