Auf der Heidwende 61
27726 Worpswede
Öffnungszeiten:
Immer erreichbar und ein schönes Ziel auf Spaziergängen
Niedersachsenstein
Der Niedersachsenstein
Immer wieder ist Worpswede ein Ort der Überraschungen. Auch dieses 18 m hohe und massige Denkmal aus Ziegelsteinen auf dem Weyerbergmutet in der Tat etwas sonderbar an. Entfernt erinnert die Skulptur an einen Vogel, der die Schwingel öffnet um sich in den Himmel zu erheben. Bernhard Hoetger entwarf dieses expressionistische Monument, das als Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges gedacht war. Dieses beeindruckende und massive Bauwerk steht auf dem Weyerberg und ist nach kurzer Wanderung gut zu erreichen. Als Sehenswürdigkeit und als ein Ort der Ruhe und Besinnung lohnt sich ein Besuch. Heute kümmern sich die Stiftung Worpswede und viele ehrenamtliche Helfer um den Erhalt des Niedersachsensteins. Wegen des besonderen Engagements für dieses Denkmal durch Herrn Prof. Dr. Hans Ganten wird der Niedersachsenstein haute auch mit dem pahantasievollen Namen "Gantenstein" geadelt.
Wegbeschreibung:
Vom großen Parkplatz in der Bergstaße gehen oder fahren Sie 400 m die Lindenalle hinauf und folgen dann dem Weg nach rechts „Auf der Heidwende“. 300 m weiter treffen Sie auf einen Wendeplatz. Von hier aus gehen Sie den Feldweg am Waldrand etwa 200m bergauf. Am Nurdachhaus links vorbei und schon sehen Sie den Niedersachsenstein.
Hintergrundwissen:
Mit Beginn des ersten Weltkrieges 1914 wurde ein Siegerdenkmal projektiert. Ab 1916 verzögerte sich der Bau durch die schreckliche Erkenntnis, dass dieser Krieg alles bisher Denkbare in den Schatten stellte. Bernhard Hoetgers erster Entwurf zeigt eine Figur, die auf monumentalen Flügeln gleichsam in dem Himmel zustrebt. Es war der Ausdruck einer anderen Zeit, deren Gedankenwelt heute nur schwer zu fassen ist. Bereits mehrere Umdeutungen schon zur Planungs- und Bauzeit ließen den Niedersachsenstein zum am meisten diskutierten Bauwerk in Worpswede werden. Nach 1916 setzte ein erneutes Umdenken ein und aus dem geplanten Siegesdenkmal sollte eine Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten werden. Als Hoetger 1921 ein überarbeitetes Modell in der Worpsweder Kunsthalle vorstellte, fand sich wenig Lob. Und Hoetger beklagt sich in einem Brief an den Freund und Mäzen Ludwig Roselius (Gründer Firma Kaffe HAG Bremen) über die Verspottung des Entwurfes als „Kaffe HAG Denkmal“ in der Zeitung „Bremer Nachrichten“. Auch nach der Fertigstellung 1922 nahmen die Anfeindungen gegen Hoetger kein Ende. Der Stein steht „fremd und wirr..... in der Landschaft“, hieß es in der Weser Zeitung und sogar zehn Jahre später: „es sei eine Backsteinschichtung“ oder ein „seitlich gelegener Wasserkopf“ des Weyerberges. In der Zeit ab 1933 wurde die Kunst Hoetgers als „entartet“ eingestuft und der Niedersachsenstein stand kurz vor dem Abriss.
Diese Listung ließe sich fortsetzen, jede neue Epoche brachte andere und oft gegensätzliche Sichtweisen hervor, bis heute. Hoetger selbst schrieb 1921 an die „Tägliche Rundschau“: „Ich entwarf kein expressionistisches Denkmal, sondern ein nordisches Zeichen für die gefallenen Krieger“. Neben aller Kritik gab es immer wieder Unterstützer für ein Bauwerk als Mahnmal. Das Grundstück wurde vom Worpsweder Kirchenspiel zur Verfügung gestellt und es wurden Sammlungen zur Finanzierung durchgeführt. Als prominentester Mäzen ist Ludwig Roselius zu nennen. Bis heute wird die Bedeutung des Bauwerkes kontrovers diskutiert. 173 Findlinge am Fuße des Monumentes tragen Namen im Krieg Gefallener. Teilweise rätselhafte Darstellungen am Bauwerk selbst geben wenig Anhaltspunkte für eine andere Sichtweise als die Widmung als Denkmal. Es mag also die tatsächliche Absicht gewesen sein ein Mahnmal zu errichten. Wobei es sicher schwer ist, die wirkliche Gedankenwelt der damaligen Zeit von vor 100 Jahren heute nachzuvollziehen oder gar darüber zu urteilen.
Was bleibt ist der Niedersachsenstein und ein kulturelles Erbe Worpswedes, das einen Besuch lohnt. Zur Fertigstellung vor 100 Jahren war der Weyerberg nicht bewaldet. Das Bauwerk muss aus jeder Richtung eine beeindruckende Wirkung erzielt haben. Heute finden Wanderer an diesem Bauwerk einen Ort der Ruhe und Besinnung oben auf dem Weyerberg und mitten in einem kleinen Wald.
TIPP
Nehmen Sie Platz auf einer der Bänke ca. 100 Meter vom Niedersachenstein entfernt und lassen Sie den Gedanken freien Lauf. Schaut man lange auf dieses sonderbare Bauwerk aus einer anderen Zeit und Welt, wird jede und jeder eine ganz eigene Interpretation für diese riesige vogelähnliche Skulptur finden. Oder einfach nur die eigenen Gedanken zur Ruhe schicken. Diese Umgebung kann ein Teil von der Entdeckung der Langsamkeit in Worpswede, völlig losgelöst vom vermeintlichen Sinn des Denkamls.
Kurz nach der Fertigstellung war der Weyerberg in Worpswede noch völlig ohne Bäume. Das Denkmal muß aus allen Richtungen gut zu sehen gewesen sein. Ebenso war der Ausblick von hier in alle Richtungen beeindruckend. Heute liegt der Bau eher versteckt. Dennoch ist diese Sehenswürdigkeit ein wichtiger Bestandteil jeder Worpswede-Tour.
Die monumentale Größe des Niedersachsensteins könnte auch gewählt worden sein, um das Denkmal weit über die Landschaft hinaus sichtbar zu machen. Was immer die tiefere Absicht war, der Standort war gut gewählt. Worpswede hatte zu dieser Zeit touristisch bereits Bedeutung. Die Anreise fand überwiegend mit der Bahn statt, denn mit dem Worpsweder Bahnhof von Heinrich Vogeler konnten Gäste bis in den Ort fahren. Möglicherweise war der Niedersachsenstein bereits aus dem Zug zu erkennen kaum dass dieser Bremen verlassen hatte.
Das Denkmal Niedersachsenstein erinnert an einen Vogel, der die Schwingen ausbreitet. Um den Kopf besser zu erkennen, hier eine Luftaufnahme. Aber auch bei dieser Betrachtung bleiben die Konturen vage. Immer wieder war es die Aussicht vom Weyerberg über die aus früherer Zeit berichtet wird. Hier gibt es eine Vorstellung davon wenn man bedenkt, dass damals keine Bäume vorhanden waren. Wie schnell die Zeit vergeht, wie schnell sich Sichtweisen und Meinungen ändern und wie schnell sich Landschaften verändern, hier am Niedersachsenstein ist dieser Wandel zu spüren.
Ruhe finden in Worpswede
Worpswede hat mit dem Weyerberg und den vielen in der Nähe gelegenen Sehenswürdigkeiten eine Besonderheit. Selten ist es möglich, so viel Ruhe und Besinnung auf dem Weg durch die Geschichte Worpswedes zu erleben. Das "Zentrum" ist sozusagen die Anhöhe am Weyerberg mit dem Niedersachsenstein. Hier laden Bänke ein, Ruhe aktiv zu erleben und das sonderbare Denkmal aus einer fernen Zeit wirken zu lassen.
Geschichten um und über den Niedersachsenstein
Erinnerungen, die ohne Zusammenhang aufgelistet werden.
(Erinnerungsbericht Heinz Kommerau, Jan. 2020) "in den 1970er und 1980er Jahren haben wir, Hans Hubert und ich, lose Backsteine aus dem Bauwerk herausgelöst und neu vermauert. Um den Niedersachsenstein war ein Ring aus Findlingen, die jedoch oft über Nacht aus ihrer Lage gerissen wurden und in der Umgebung verteilt waren. Wir haben dann einen Fundamentgraben hergestellt und die Steine festbetoniert. Danach war Ruhe!"
(Erinnerungsbericht Heinz Kommerau, Jan. 2020) "In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis etwa 1948 lebte nach ihrer Flucht aus dem Osten in dem etwa 4x6 m großen Kellerraum im Niedersachsenstein eine Familie Schmitt mit insgesamt 9 Personen. Ich selbst gehörte zu den Geflüchteten damals und lebte und arbeitete in Worpswede"
Auf der Heidwende 61
27726 Worpswede
Öffnungszeiten:
Immer erreichbar und ein schönes Ziel auf Spaziergängen